von Lothar Philips
Die diesjährige EAZA-Tagung fand vom 15.-19. September 2015 in Breslau, dem heutigen Wrocław, statt. Die Altstadt ist (nach ihrer vollständigen Zerstörung im 2. Weltkrieg) liebevoll wieder aufgebaut und allein schon eine Reise wert.
Überschattet wurde die Veranstaltung durch einen tragischen Unfall, bei dem ein Tierpfleger von einem Tiger getötet wurde. Dennoch boten die Veranstalter ein beeindruckendes Programm, an dieser Stelle noch einmal ein herzliches Dankeschön an den Zoo Wrocław.
Die diesjährige Tagung war mit 700 Teilnehmern die größte, die je stattgefunden hat. Das Tagungsprogramm war mit seinen vielen, überlappenden Veranstaltungen für einen Einzelnen nicht zu bewältigen. Deshalb gehe ich an dieser Stelle nicht weiter auf die einzelnen TAG-Sitzungen (TAG=Taxon Advisory Group) ein, wer sich dafür interessiert, wende sich bitte direkt an mich.
Während der Eröffnungssitzung informierte Myfanwy Griffith, die Direktorin des EEO (EAZA Executive Office), über personelle Veränderungen.
Die EAZA hat derzeit 389 Mitglieder in 44 Ländern. 41% aller EAZA Zoos haben den Akkreditierungsprozess durchlaufen. Für 2015/16 sind weitere 29 Zoos anvisiert.
Die neue Homepage der EAZA ist online:
Dort findet man viele wertvolle Informationen (Standards, Naturschutz, EAZA Academy, etc.). Die Seite reagiert endlich schnell und lädt zum Lesen ein. Das Journal of Zoo and Aquarium Research ist online zu finden unter:
Die EAZA Academy hat ihr Programm weiter entwickelt und bietet nun auch Kurse zum Thema „Animal Welfare an: www.eaza.net/academy/courses
Die Plenarsitzung zu den EAZA Naturschutz Kampagnen brachte den Abschluss der „Pol zu Pol“ Kampagne und den Start der “Let it grow“ Kampagne. (Die Übersetzung des Vortrags zur neuen Kampagne finden Mitglieder unter: http://www.vzp.de/interner-bereich/eaza-kampagnen/). Die neue Kampagne wird gemeinsam von der EAZA, der BGCI (Botanic Gardens Conservation International) und Ecsite (European Network of Science Centres and Museums) durchgeführt.
Paul Smith, der Generalsekretär, der Botanic Gardens Conservation International stellte seine Institution vor. www.bgci.org
Während der Tagung traf sich auch das EAZA Education Committee zu einer geschlossenen und einer offenen Sitzung. Es gab einen Rückblick auf die EZE Tagung in Lissabon und die EAZA Kampagnen. Die Pol zu Pol Kampagne sei mit 250 Teilnehmern (171 EAZA-Mitglieder) die bisher erfolgreichste gewesen.
Die nächste EZE Tagung wird in Paris stattfinden.
Die Überarbeitung der EAZA Education Standards ist abgeschlossen, es steht zu erwarten, dass sie vom Council im Frühjahr abgesegnet werden.
Die Plenarsitzung zum Naturschutz startete mit einem Grundsatzvortrag von Bengt Holst, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Conservation Committee und Director of Research and Conservation, des Zoo Kopenhagen.
Zur Halbzeit der UN-Dekade der Biodiversität müssen Zoos einen Beitrag zur Problemlösung leisten. Die Komplexität der Aufgabe veranschaulichte er mit einem Naturschutz-Puzzle.
Zoos können vorwiegend zu zwei Punkten beitragen. Zum einen bei der Vermittlung des Strategischen Plans 2011 - 2020 für den Erhalt der Biodiversität (http://bfn.de/0304_2010ziel.html).
Vision dieses Strategischen Plans ist ein "Leben im Einklang mit der Natur" in einer Welt, in der bis 2050 die biologische Vielfalt wertgeschätzt, geschützt und wiederhergestellt ist und unter Aufrechterhaltung der Ökosystemleistungen, Bewahrung eines gesunden Planeten und Bereitstellung der für alle Menschen wesentlichen Vorteile vernünftiger genutzt wird.
Zum anderen durch das Ex-situ-Management bestimmter Tierarten. Für eine wachsende Anzahl von Taxa kann Ex-situ-Management eine entscheidende Rolle bei der Verhinderung ihres Aussterbens spielen, wenn ihre Lebensräume weiter zurückgehen oder sich so verändern, dass sie zunehmend ungeeignet werden.
Anschließend wurden vier Erfolgsstorries erzählt, wie Zoos zum Natur- und Artenschutz beitragen:
Flagship Species Programmes of Katala Foundation in Palawan, Saving Golden Lion Tamarins—How to Make it Happen, How zoos are preventing Asian songbird extinctions und PROYECTO TITÍ: EFFORTS TO GUARANTEE A LONG TERM FUTURE FOR THE CRITICALLY-ENDANGERED COTTON-TOP TAMARINS.
Einen breiten Raum nahm das Thema „Animal welfare“ ein; nicht so sehr im Sinne von „Tierschutz“ sondern eher im Sinne von „Wohlergehen der Tiere“. Zu dem Thema gab es zwei Workshops und eine Plenarsitzung. Sally Binding, EAZA Academy Animal Welfare Training Officer (auf so einen Titel muss man erst mal kommen) und Heather Bacon, University of Edinburgh, waren federführend.
Sie unterschieden eine anthropozentrischen und einen tierbezogenen Ansatz.
Die Vorurteile des anthropozentrischen Ansatzes ergeben sich aus: der Persönlichkeit, den Erfahrungen, der Kultur, der Religion, der Erziehung etc. Der tierbezogene Ansatz fragt, was das Tier fühlt. Es geht um die Bedürfnisse des Tiers und nicht um unsere. Ethische Überzeugungen haben nichts mit den Bedürfnissen der Tiere zu tun.
Das Wohlbefinden eines Tieres ergibt sich im Spannungsfeld von physischem, psychischem und verhaltensmäßigen Wohlergehen.
Gesetzgebung und EU Lobbying
Daniel Nuijten, unser EAZA Lobbyist bei der EU, erläuterte die Institutionen der EU und wie Entscheidungen getroffen werden
Zurzeit plant die EU eine Alien Invasive Species Regulation (1143/2014), die eine dynamische Liste der invasiven Arten umfasst (dynamisch heißt hier: Arten können hinzugefügt oder entfernt werden). Für die gelisteten Tiere soll ein generelles Haltungsverbot gelten. Das betrifft uns insofern als Waschbären, Nutrias, Nasenbären etc. auf der Liste sein sollen.
Generelle Ausnahmegenehmigungen für Zoos können von den jeweiligen nationalen Ministerien genehmigt werden. Die nationalen Zooverbände werden sich darum kümmern.
Geplant sind weiterhin ein Gesetz gegen den Schmuggel von Tieren und ein Animal welfare Gesetz. Daniel wird den entsprechenden Stellen die Auffassung der EAZA zu den geplanten Gesetzen darlegen.
Dies kann nur ein kurzer Überblick sein, wer sich für ein TAG, Thema oder einen Vortrag besonders interessiert, kann die Dokumente bei mir anfordern.
Oktober 2015
Lothar Philips